The Complete Brothers Grimm Fairy Tales
This collection of "classics" certainly is a departure from the Disney versions. The tales are mostly very dark and pessimistic, as originally recorded by the Brothers. For the more "colourful" children's stories it is better to buy the specific tales from the bookstore instead of a collective book.
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Hans im Glück
der Brüder Grimm
Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm "Herr, meine Zeit ist herum, nun
wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn."
Der Herr antwortete "du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst
war, so soll der Lohn sein," und gab ihm ein Stück Gold, das so
groß als Hansens Kopf war.
Hans zog ein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein,
setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus. Wie er so
dahinging und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die
Augen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferd vorbeitrabte.
"Ach," sprach Hans ganz laut, "was ist das Reiten ein schönes Ding!
da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein,
spart die Schuh, und kommt fort, er weiß nicht wie."
Der Reiter, der das gehört hatte, hielt an und rief "ei, Hans, warum
laufst du auch zu Fuß?"
"Ich muß ja wohl," antwortete er, "da habe ich einen Klumpen heim zu
tragen: es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht gerad halten,
auch drückt mirs auf die Schulter."
"Weißt du was," sagte der Reiter, "wir wollen tauschen: ich gebe dir
mein Pferd, und du gibst mir deinen Klumpen."
"Von Herzen gern," sprach Hans, "aber ich sage Euch, Ihr müßt
Euch damit schleppen."
Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die
Zügel fest in die Hände und sprach "wenns nun recht geschwind soll
gehen, so mußt du mit der Zunge schnalzen und hopp hopp rufen."
Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei
dahinritt. Über ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller
gehen, und fing an mit der Zunge zu schnalzen und hopp hopp zu rufen.
Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sichs Hans versah' war er
abgeworfen und lag in einem Graben, der die Äcker von der
Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es
nicht ein Bauer auf gehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor
sich hertrieb. Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf
die Beine.
Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer "es ist ein
schlechter Spaß, das Reiten, zumal, wenn man auf so eine Mähre
gerät, wie diese, die stößt und einen herabwirft, daß
man den Hals brechen kann; ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da
lob ich mir Eure Kuh, da kann einer mit Gemächlichkeit hinterhergehen,
und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiß. Was
gäb ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!"
"Nun," sprach der Bauer, "geschieht Euch so ein großer Gefallen, so
will ich Euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen."
Hans willigte mit tausend Freuden ein: der Bauer schwang sich aufs Pferd
und ritt eilig davon.
Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den glücklichen
Handel. "Hab ich nur ein Stück Brot, und daran wird mirs noch nicht
fehlen, so kann ich, sooft mirs beliebe, Butter und Käse dazu essen; hab
ich Durst, so melk ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du
mehr?"
Als er zu einem Wirtshaus kam, machte er halt, aß in der
großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot,
rein auf, und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes
Glas Bier einschenken.
Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die
Hitze ward drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich
in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz
heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte.
"Dem Ding ist zu helfen"" dachte Hans, "jetzt will ich meine Kuh melken
und mich an der Milch laben."
Er band sie an einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte, so
stellte er seine Ledermütze unter, aber wie er sich auch bemühte, es
kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil er sich ungeschickt dabei
anstellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der
Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden
taumelte und eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte, wo er war.
Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem
Schuhkarren ein junges Schwein liegen hatte.
"Was sind das für Streiche!" rief er und half dem guten Hans auf. Hans
erzählte, was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche und
sprach "da trinkt einmal und erholt Euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben,
das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum
Schlachten."
"Ei, ei," sprach Hans und strich sich die Haare über den Kopf, "wer
hätte das gedacht! es ist freilich gut, wenn man so ein Tier ins Haus
abschlachten kann, was gibts für Fleisch! aber ich mache mir aus dem
Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges
Schwein hätte! das schmeckt anders, dabei noch die Würste."
"Hört, Hans," sprach da der Metzger, "Euch zuliebe will ich tauschen
und will Euch das Schwein für die Kuh lassen."
"Gott lohn Euch Eure Freundschaft," sprach Hans, übergab ihm die Kuh,
ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es
gebunden war, in die Hand geben.
Hans zog weiter und überdachte, wie ihm doch alles nach Wunsch ginge,
begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich
wieder gutgemacht. Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine
schöne weiße Gans unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und
Hans fing an, von seinem Glück zu erzählen, und wie er immer so
vorteilhaft getauscht hätte. Der Bursch erzählte ihm, daß er
die Gans zu einem Kindtaufschmaus brächte.
"Hebt einmal," fuhr er fort und packte sie bei den Flügeln, "wie
schwer sie ist, die ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den
Braten beißt, muß sich das Fett von beiden Seiten abwischen."
"Ja," sprach Hans, und wog sie mit der einen Hand, "die hat ihr Gewicht,
aber mein Schwein ist auch keine Sau." Indessen sah sich der Bursch nach allen
Seiten ganz bedenklich um, schüttelte auch wohl mit dem Kopf.
"Hört," fing er darauf an, "mit Eurem Schweine mags nicht ganz
richtig sein. In dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen
eins aus dem Stall gestohlen worden. Ich fürchte, ich fürchte, Ihr
habts da in der Hand. Sie haben Leute ausgeschickt, und es wäre ein
schlimmer Handel, wenn sie Euch mit dem Schwein erwischten: das Geringste ist,
daß Ihr ins finstere Loch gesteckt werdet."
Dem guten Hans ward bang, "ach Gott," sprach er, "helft mir aus der Not,
Ihr wißt hier herum bessern Bescheid, nehmt mein Schwein da und
laßt mir Eure Gans."
"Ich muß schon etwas aufs Spiel setzen," antwortete der Bursche,
"aber ich will doch nicht schuld sein, daß Ihr ins Unglück
geratet."
Er nahm also das Seil in die Hand und trieb das Schwein schnell auf einen
Seitenweg fort: der gute Hans aber ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans
unter dem Arme der Heimat zu.
"Wenn ichs recht überlege," sprach er mit sich selbst, "habe ich noch
Vorteil bei dem Tausch: erstlich den guten Braten, hernach die Menge von Fett,
die herausträu feln wird, das gibt Gänsefettbrot auf ein
Vierteljahr, und endlich die schönen weißen Federn, die laß
ich mir in mein Kopfkissen stopfen, und darauf will ich wohl ungewiegt
einschlafen. Was wird meine Mutter eine Freude haben!"
Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scherenschleifer
mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu.
"Ich schleife die Schere und drehe geschwind, und hänge
mein Mäntelchen nach dem Wind."
Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an und sprach "Euch
gehts wohl, weil Ihr so lustig bei Eurem Schleifen seid."
"Ja," antwortete der Scherenschleifer, "das Handwerk hat einen
güldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, sooft er in die
Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt Ihr die schöne Gans
gekauft?"
"Die hab ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht."
"Und das Schwein?"
"Das hab ich für eine Kuh gekriegt."
"Und die Kuh?"
"Die hab ich für ein Pferd bekommen."
"Und das Pferd?"
"Dafür hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf,
gegeben."
"Und das Gold?"
"Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst."
"Ihr habt Euch jederzeit zu helfen gewußt," sprach der Schleifer,
"könnt Ihrs nun dahin bringen, daß Ihr das Geld in der Tasche
springen hört, wenn Ihr aufsteht, so habt Ihr Euer Glück gemacht."
"Wie soll ich das anfangen?" sprach Hans.
"Ihr müßt ein Schleifer werden wie ich; dazu gehört
eigentlich nichts als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst.
Da hab ich einen, der ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt Ihr mir
aber auch weiter nichts als Eure Gans geben; wollt Ihr das?"
"Wie könnt Ihr noch fragen," antwortete Hans, "ich werde ja zum
glücklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, sooft ich in die Tasche
greife, was brauche ich da länger zu sorgen?" reichte ihm die Gans hin,
und nahm den Wetzstein in Empfang.
"Nun," sprach der Schleifer und hob einen gewöhnlichen schweren
Feldstein, der neben ihm lag, auf, "da habt Ihr noch einen tüchtigen
Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen läßt und Ihr Eure alten
Nägel gerade klopfen könnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordendich auf."
Hans lud den Stein auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter; seine
Augen leuchteten vor Freude, "ich muß in einer Glückshaut geboren
sein," rief er aus "alles, was ich wünsche, trifft mir ein, wie einem
Sonntagskind."
Indessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen war, begann er
müde zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrat auf einmal
in der Freude über die erhandelte Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich
nur mit Mühe weitergehen und mußte jeden Augenblick halt machen;
dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des
Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht
zu tragen brauchte.
Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen
und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er aber die Steine im
Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich
auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum
Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide
Steine plumpten hinab.
Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen,
sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in
den Augen, daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so
gute Art, und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den
schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen
wären.
"So glücklich wie ich," rief er aus, "gibt es keinen Menschen unter
der Sonne."
Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er
daheim bei seiner Mutter war.
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